Good Lives Model
Das GLM ist ein Rahmenmodell der Rehabilitation straffällig gewordener Menschen. Ziel ist es, diese zu befähigen, Lebensziele zu erreichen und grundlegende Bedürfnisse erfüllen zu können. Dies ist ein wichtiger Grundstein für Straffreiheit.
Fokus auf Stärken und Ressourcen
Das GLM wurzelt in den Ansätzen der Positive Psychology. Tony Ward und Kollegen formulierten das GLM als Gegenentwurf zur vorherrschenden Risiko- und Problemorientierung. Während die Risk-Need-Responsivity-(RNR)Prinzipien vor allem das Ziel haben, Risikofaktoren möglichst effektiv zu minimieren, werden im GLM gezielt neue Fähigkeiten und Zukunftschancen aufgebaut. Risikofaktoren zu eliminieren hinterlässt Löcher. Fähigkeiten und Stärken aufzubauen füllt die Löcher mit sinnstiftenden Möglichkeiten.
Rahmenkonzept statt Behandlungsprogramm
Alle Beurteilungen und Interventionen im forensischen Kontext werden getragen von den Werten und dem Verständnis, was Kriminalität ist und wie sie entsteht. Das GLM ist ein mögliches Rahmenmodell für ein solches Verständnis. Die zentralen Werte im GLM sind menschliche Würde, Mündigkeit und Entscheidungs- sowie Handlungsfreiheit. Diese bestimmen die ätiologischen Annahmen und Handlungsempfehlungen für die Praxis.
Primary Goods als Motor
Das GLM geht davon aus, dass es Erfahrungen bzw. Aktivitäten gibt, die um ihrer selbst willen angestrebt werden und einen innewohnenden Wert haben (Primary Goods). Kommen wir deren Erreichung näher, fühlen wir uns wohler und zufriedener. Während alle Menschen die Primary Goods anstreben, ist die Priorisierung der einzelnen Primary Goods ganz individuell.
Auch die Mittel und Wege, wie die Primary Goods verfolgt werden, können sehr verschieden sein. Hier gibt es unzählige unterschiedliche instrumentelle Ziele und Tätigkeiten (sogenannte Secondary Goods).
Nach einer tiefgehenden Analyse der Literatur und Forschung haben sich insgesamt 11 Primary Goods ergeben:
Kriminalität ist nur ein Mittel
Im GLM wird Straffälligkeit als unangemessener Versuch gesehen, grundlegende Bedürfnisse zu erfüllen. Diese Sichtweise befördert eine sinnstiftende Erklärung für die individuelle Straffälligkeit, aus der sich konkrete Ansatzpunkte für rückfallpräventive Maßnahmen ableiten lassen.
Auf Augenhöhe bleiben
In der (therapeutischen) Beziehung zu den straffällig gewordenen Personen ist eine warme, empathische und unterstützende Haltung ein wesentliches Mittel, um Veränderungen zu motivieren und zu begleiten. Wenn Straffälligkeit im Zusammenhang mit den priorisierten Primary Goods verstanden wird, entsteht eine wertschätzende Atmosphäre, welche die Basis für alle gelungenen Interventionen ist.
Für alle Personen geeignet
Die Anwendung des GLM ist an keine besonderen Voraussetzungen geknüpft. Deshalb eignet sich das GLM auch für:
- Personen aller Geschlechter
- Jugendliche und Heranwachsende
- ältere Erwachsene
- Personen aus diversen kulturellen Kontexten
- Personen mit Sexualstraftat
- Personen mit Gewaltstraftat
- Personen mit Intelligenzminderung
- Personen mit psychopathologischen Diagnosen
- Personen mit hohen Psychopathie-Werten
Kreativer und individueller Zugang
Jede Person ist anders. Deshalb orientiert sich das GLM nicht an einem starren Manual. Befragungen, Gespräche, Beobachtungen der Person und des Umfeldes, Körper bzw. Bewegung, Musik und Kunst können bewusst eingesetzt werden, um einen individuellen Zugang zu Lebenszielen und grundlegenden Bedürfnissen zu bekommen. Die Lebenspläne werden stets gemeinsam in der Sprache der betroffenen Personen formuliert.
Risiko stets im Blick
Im GLM ergänzen sich die ressourcen- und risikoorientierte Perspektive gegenseitig. Das GLM steht dem Risk-Need- Responsivity-(RNR)Ansatz nicht entgegen. Vielmehr werden die RNR-Prinzipien im GLM direkt implementiert. Risikofaktoren werden im GLM als Hindernisse auf dem Weg zu einem erfüllenden, straffreien Leben verstanden. Sie müssen auch im GLM systematisch erfasst und adressiert werden. Dies geschieht über den gezielten Aufbau neuer Fähigkeiten.
FAQ zum GLM
Häufig gestellte Fragen (FAQ) geben Ihnen einen Überblick über das Good Lives Model in Deutsch. Die Fragen gliedern sich in verschiedene Kategorien zum theoretischen Hintergrund, den Hauptkomponenten des Modells, der Anwendung in der Praxis und wissenschaftlichen Evaluationen.